Ein Tag. Ein Wort. Eine Geschichte.

Im Sommer 2019, als ich mitten in einer Ausbildung, einem Vollzeitjob und noch mit meiner Masterarbeit beschäftigt war, kam das kreative Schreiben viel zu kurz. Das wollte ich ändern.

Schreibchallenge

Daher machte ich mir meine eigene Schreib-Challenge und nahm mir einige Wochen vor, täglich eine Geschichte zu schreiben. Mein Partner gab mir beim Frühstück ein Wort vor, zu dem ich dann im Laufe des Tages – manchmal auch gleich nach dem Frühstück – eine Geschichte schrieb. Meine Tage waren damals so gefüllt, dass mir nicht viel Zeit blieb über eine Story nachzudenken, geschweige denn sie zu schreiben. Das hatte Vor- wie Nachteile gleichermaßen.

Vor- und Nachteile des schnellen Schreibens

So manche Formulierungen können holprig werden und sich wiederholen – genauso kann der rote Faden einer Geschichte abhanden kommen.

Auf der anderen Seite kann man überrascht werden, was in der Spontanität zustande kommt. Zudem hilft die Regelmäßigkeit, man kommt wieder rein ins Schreiben, auch der Kopf fängt an, wieder kreativer zu denken.

Produktivität und keine Zeit für Perfektionismus

Perfektionismus hat nicht viel Raum unter solchen Umständen, vor allem, wenn man für sich selbst schreibt.

Ich kann diese Challenge jedem nur ans Herz legen. Ich könnte mir gut vorstellen, sie einmal aktiver zu promoten.

Bis dahin: Hier ein kleiner Texterguss zum Wort „Wäscheklammer“. Weitere Ergüsse folgen 🙂

Wäscheklammer

Mama sagt ich kümmere mich drum, dann nimmt sie mich und hängt mich mitsamt Kragen an der Wäscheleine auf und verlässt den Garten. Ich hänge hier, sollte nur fünf Minuten hängen, werde vergessen, hänge zwei Stunden, irgendwann fragt der Vater kümmerst du dich eigentlich noch drum? und dann gibt es ein kurzes Herrje und Ach ja, Wäscheklammer ab, Kragen wieder runter, Kind wieder rein ins Zimmer. Jetzt hätte ich doch fast sagt sie, lachend aber sie hat nicht fast, sie hat wahrhaftig auf mich vergessen, aber das ist schon okay, denn sie ist ja wieder gekommen, kein Problem, alles vergessen, jetzt wird gegessen, mmh, so lecker, Mama kocht gut, Papa arbeitet gut, der Hund winselt gut, nur ich, nur ich, was mache ich gut, denn jeder kümmert sich um sich selbst, sagt Papa, nur ich, ich mache die Sachen nicht selbst. 

Ich kümmer mich schon drum sagt Mama, nimmt mich am Kragen und hängt mich an der Wäscheleine auf, aufgehoben für später, fünf Minuten soll ich hängen, aber dann hänge ich bis zum Schulabschluss da und Papa ist wütend, weil der Abschluss nicht gut ist, es reicht nicht fürs Gymnasium, weil ich hier ganze Zeit hing, an der Wäscheleine, ich sage es tut mir leid aber wie hätte ich lernen sollen, ich hing hier ganze Zeit und Mama lacht, nimmt mich wieder ab, sagt Ach und Herrje und Jetzt hätte ich doch fast, aber sie hat nicht fast, sie hat wahrhaftig, aber Vater sagt hättest du dich einfach von der Wäscheklammer gelöst

Ok ok, also mache ich den Abschluss nach, mache ihn besser, jetzt weiß ich was zu tun ist, aber Vater sagt es ist zu spät, die Zeit, die Zeit, dann kommt das Militär rein und sagt wir suchen welche, bei uns können Sie alles lernen, wir kümmern uns drum, und Mama sagt Ach und Herrje und Papa sagt ok ok, also nimmt mich der Rekrut am Kragen und fährt mit mir auf einen großen Platz, wo eine riesige Wäscheleine hängt, und da hängt er mich mit der Wäscheklammer fest, wie all die anderen Neuen, und er sagt wir kümmern uns darum, und ich weiß nicht wie lange ich hängen soll, aber dann hänge ich viel zu lange und einer nach dem Anderen springt von der Wäscheleine, nur ich nicht, weil ich nicht weiß wie es geht, und mein Vater kommt zu Besuch und fragt den Rekruten kümmerst du dich eigentlich noch drum?, aber er sagt, da gibt es nichts zu kümmern, sie wollte nicht, also nimmt mein Vater mich wieder ab und wir gehen nach Hause. 

Papa ist wütend, Papa sagt nichts, also sag ich es, ich sage es tut mir Leid aber ich weiß nicht warum es mir leid tun sollte weil ich immer auf die Wäscheleine gehängt werde und ich würde mich ja selbst drum kümmern, aber ich weiß nicht wie es geht, ich weiß nicht wie ich mich abhängen soll, niemand hat es mir gezeigt und Vater sagt das zeigt man nicht, das lernt man selbst und dann seh ich das erste Mal, wie er nach hinten zu seinem Kragen greift und die Wäscheklammer löst und ich denke das kann ich auch also greife ich nach hinten, hinten zum Kragen, greife nach der Wäscheklammer, ziehe sie heraus und dann, dann sehe ich sie an, sie ist so klein, als wäre sie unsichtbar, so unbedeutend, wegen so etwas Kleinem, denke ich, dann schmeisse ich sie einfach weg. Du hättest sie nicht wegschmeißen müssen sagt Vater, ich sage zurück und du hättest deine nicht behalten müssen. 

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